Super League – nur ein Symptom des kranken Fußballs

In Zeiten einer drohenden Super-League inszenieren sich Vertreter des durchkommerzialisierten Eventfußballs wie die UEFA als Schutzpatrone der Basis. Dass dem nicht so ist, wollen wir mit unserem Statement deutlich machen.

Was in der Nacht von Sonntag auf Montag passierte, war eine Zäsur für den europäischen Fußball. 12 mehr oder weniger große Vereine verkündeten zeitgleich, ihren internationalen Vergleich zukünftig nicht mehr unter gewohnten Bedingungen vollziehen zu wollen. Sie gründeten die „Super-League“. Eine geschlossene Liga - finanziert von der amerikanischen Investmentbank JP Morgan. Eine gemütliche Oase des Geld Scheffelns, ohne dabei vom lästigen sportlichen Wettbewerb gestört zu werden. Dass dieses Projekt, initiiert von einigen weltfremden Maximalkapitalisten, die in einer der schwersten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Krisen der letzten 100 Jahre nichts besseres zu tun haben, als sich selbst die Taschen noch voller zu machen, vollkommen verachtens- und ablehnenswert ist, muss von unserer Seite wohl nicht weiter erwähnt werden.

Was aber abseits davon auf jeden Fall eine Erwähnung wert ist, ist die beispielslose und in dieser Form wohl noch nie dagewesene Welle der Entrüstung, die als Reaktion darauf durch die gesamte (Fußball-)Welt ging. Fans, Vereine, Verbände, Funktionäre, Spieler, Journalisten und Politiker verurteilten dieses Projekt und übertrafen sich dabei mit verachtenden Superlativen. Es war von grenzenloser Gier die Rede, von einem zynischen Projekt, von einem kriminellen Akt gegen die Welt des Fußballs und der Fußballfans. Zweifelsohne alles richtig. Aber wirklich glaubwürdig ist das von den meisten Akteuren nicht. Akteure, die in den letzten 2-3 Jahrzehnten genau die Grundlagen dafür geschaffen haben, dass einige überhaupt auf diese irre Idee kommen konnten, ein System wie die Super League schaffen zu wollen. Die Super League ist eine Konsequenz, hoffentlich der Gipfel, einer bis ins Äußerste vorangetriebenen Durchkommerzialisierung des einstigen Volkssportes Fußball. Zerstückelte Spieltage, fanunfreundliche Anstoßzeiten, vollkommen realitätsfremde Gehälter und Ablösesummen, eine immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich… man könnte diese Liste ewig fortführen.
Um die Absurdität mancher Meldungen etwas zu verdeutlichen: Oliver Mintzlaff, der Geschäftsführer der Konzernfiliale aus Leipzig, lehnt die Super League mit der Begründung ab, dass man „ein Verfechter des sportlichen Wettbewerbs sei“. Jenes Leipzig, das sich über eine gekaufte Lizenz und hunderte Millionen Unterstützung, als Marketinggag eines Milliardenkonzerns bis in die deutsche Bundesliga spielen durfte. Mit einem Budget, das in den unteren Ligen wohl teilweise mindestens das zehnfache der anderen Vereine war. Ein fairer sportlicher Wettbewerb.
Auch der Geschäftsführer unseres heimischen Ablegers des Konstruktes durfte sich hierbei keine Blöße geben und kritisierte dabei die „Gier, die keine Grenzen kennt“. Red Bull kritisiert die grenzenlose Gier im Fußball. Dieses Oxymoron spricht für sich.
Die FIFA, die kurz davor ist, eine WM in einem Staat auszutragen, in dem Menschenrechte allenfalls gute Vorsätze sind und die in ihrer Korruptionsbereitschaft wohl lediglich von einem Teil der österreichischen Politik übertroffen wird, verurteilte die Super League ebenfalls.
Auch die UEFA, in Form von Präsident Aleksander Ceferin, inszenierte sich als Retter des Fußballs und zur Schutzmacht der Fans. Den naiven Beobachter mag das sicherlich freuen und auf ein Umdenken im europäischen Fußball hoffen lassen.

Dass dem nicht so ist, bewies die UEFA noch am selben Tag. Am Montag wurde nämlich nicht nur die Super League gegründet, es wurde auch eine weitreichende Reform der Champions League beschlossen. 36 statt 32 Vereine, ein geändertes System der Gruppenphase und natürlich wieder einmal mehr Geld für die ganz Großen. Und mehr Spiele. 100, um genau zu sein. Von den 4 neuen Plätzen werden 2 übrigens nicht mehr anhand der tabellarischen Platzierung der vergangenen Saison in der nationalen Liga vergeben, sondern auf Basis der internationalen Leistungen der vergangenen Jahre. Ein Freibrief für große Klubs, sollten die es eventuell mal versäumen, sich auf sportlicher Basis für die CL zu qualifizieren. Natürlich keine direkt geschlossene Gesellschaft wie die Super League. Aber auch nicht weit weg davon. Die berühmte und in den letzten Tagen oft zitierte sportliche Integrität des europäischen Fußballs also. Wer die Super League so vehement kritisiert, muss auch die Champions League in ihrer derzeitigen Form kritisieren. Und generell das ganze System Fußball. Alles andere ist nicht glaubwürdig.

Zwei Tage nach ihrer Gründung scheint sich die Super League schon wieder in Luft aufzulösen. Die ersten Vereine haben bereits ihren Rückzug bekannt gegeben. Dass dieses Projekt keine wirkliche Zukunft hat, war den meisten wohl schnell klar. Was bleiben wird, ist eine CL-Reform, die dadurch ziemlich unter dem Radar geblieben ist und das Ungleichgewicht zwischen den Vereinen in Europa weiter vergrößern wird.